Transkript: Process Mining in der Lieferkette mit Siemens, Celonis und Gartner

Hallo und herzlich willkommen zum BVL.digital-Podcast! Ich bin euer Host, Boris Felgendreher. Und heute freue ich mich riesig darauf, euch ein etwas neues Format des BVL.digital-Podcast präsentieren zu können. Heute dreht sich alles um ein einziges Thema, nämlich Process Mining im Supply Chain Management. Und ich habe mir nicht nur einen, sondern gleich drei Gäste geladen, die nacheinander jeweils ihre Sicht der Dinge zu dem Thema schildern.

  • Gast 1 ist Frank Vorrath vom Technologie-Beratungs-Unternehmen Gartner. Der wird mich als so eine Art Co-Host durch die heutige Sendung begleiten.
  • Gast 2 ist Sven Markert, der das Supply Chain Management bei Siemens [leitet] und
  • Gast 3 ist Marcel Vollmer, Chief Innovation Officer bei Celonis, dem führenden Anbieter von Process-Mining-Anwendungen.

Also beleuchten wir die Technologie „Process Mining“ sowohl aus Anwendersicht (Siemens) als auch aus Anbietersicht (Celonis). Und Frank Vorrath von Gartner und ich kommentieren und diskutieren das Ganze. Es ist ganz egal, ob das Thema „Process Mining“ Neuland für euch ist, oder ob ihr schon Erfahrung damit habt. Ich glaube, heute ist für jeden etwas dabei. Ich bin auf alle Fälle super gespannt, wie das Ganze bei euch ankommt. Los geht’s.

Interview mit Frank Vorrath

Frank, herzlich willkommen zum BVL.digital-Podcast! Schön, dass du dabei bist!

Ja super, vielen Dank Boris! Danke, dass du mich eingeladen hast heute, sehr interessantes Thema!

Auf jeden Fall! Es gibt nämlich heute ums Process Mining. Eine Technologie, der ihr bei Gartner große Aufmerksamkeit widmet und der ihr ja auch eine große Zukunft vorhersagt. Kannst du uns als Einstieg vielleicht einmal kurz beschreiben, was Process Mining eigentlich ist? Und wie man die Technologie im Supply-Chain-Management anwenden kann?

Ja klar, mache ich mache ich doch gerne! Also unsere Sichtweise ist natürlich, wenn man drüber nachdenkt, ein bisschen länger am Markt. Das Institut für Electrical and Electronic Engineers in den USA hat 2009 eine Task-Force etabliert. 2011 hat der Professor Wil van der Aalst, er ist wahrscheinlich auch bekannt, er unterrichtet in Aachen an der Technischen Universität, hat sich so näher mit dem Thema beschäftigt, hat dann auch ein Buch veröffentlicht mit Bezug auf Process Mining & Data Science in Action.

Und das Ganze hat ein bisschen langsam Fahrt aufgenommen. Aus unserer Sichtweise hat sich das dann so ein bisschen kristallisiert im Jahr 2017/2018. Firmen wurden mehr oder weniger darauf aufmerksam auf das Thema und haben sich da so ein bisschen mehr damit beschäftigt, was Process Mining ist und was Process Mining so als Ziel erreichen kann, wenn man Process-Mining-Technologien einsetzt. Im Grunde genommen, was Process Mining macht Unternehmen, es stellt so bisschen die Sichtbarkeit, also die Visibilität dann auch her über (sage ich mal) die operativen Prozesse einer Firma und natürlich ausgerichtet dann auch auf das operative Modell. Die Technologie von Process Mining hilft natürlich da so ein bisschen dann auch zu schauen: Wie ist denn der Prozess einmal aufgesetzt worden? Das macht man eher in Business Process Management. Und da hat man natürlich auch Technologien. Aber das ist mehr so vom wie man seine Prozesse mal ursprünglich aufgesetzt hat.

Process Mining macht Prozesse sichtbar

Und dann natürlich in der Realität sehen Dinge anders aus und. Um diesen Bezugspunkt zwischen (sage ich mal) Design von operativen Prozessen und der Realität herzustellen, da wird Process Mining verwendet. Dann hat man natürlich Visibilität über die Prozesse, das heißt, wie sieht’s dann aus in der Realität. Das wird oftmals genutzt aufgrund der Tatsachen, indem man eben sogenannte Eventlogs, das heißt wenn man diesen Prozess dann sich anschaut, hat man verschiedene Prozessschritte. Und diese einzelne Prozessschritte, die auch Transaktionen sein können, werden eben durch die sogenannten Eventlogs sichtbar. Und dann kann man natürlich Vergleiche anstellen. Man kann Dinge optimieren durch diese Technologien. Das ist ein Vorteil.

Ein anderer Vorteil ist natürlich auch, dass man diese Technologie einsetzen kann, indem man eben gewisse Compliance & Audit-Vorgänge machen kann. Man kann sich das so vorstellen: Wenn man z.B. seine Lieferanten steuert, die bezahlen muss, hat man gewisse Terms, die man vereinbart hat. Oftmals werden diese Terms nicht eingehalten. Und da kann man eben diese Software auch für gewisse Compliance & Audit-Checks benutzen, was natürlich auch Mehrwert erzeugt. Ein anderer Vorteil ist natürlich dann auch, dass man mit mit Process Mining verstehen kann, inwieweit man manuelle Prozesse automatisieren kann. Und wenn man Dinge automatisieren kann, hat man natürlich im Grunde genommen eine Zeitersparnis. Und wahrscheinlich dann auch eine Kostenersparnis und vor allen Dingen dann auch, wenn man diese automatisiert, hat man eben die Möglichkeit, die Qualität letztendlich auf eine andere Stufe zu stellen, indem man eben so genannte Arbeitsvorgänge oder Rework-Tätigkeiten vermeidet.

Wo es mal hingehen würde aus unserer Sichtweise ist ja mehr so in den Bereich, dass man Proaktivität, dass man Aktionen steuern kann. Dass man Lücken oder Fähigkeiten, die man jetzt einmal sichtbar hat durch die Prozesse verbessern kann, wo man eventuell Lücken dann auch schließt. Also im Grunde genommen heutzutage ist der Markt für Process Mining ungefähr (um dir mal so eine Schätzung zu geben oder was wir wissen) ca. von 161 Millionen US-Dollar. So groß ist der Markt im Moment. Und unsere Sichtweise da drauf ist, dass er sich so entwickeln wird in nächsten fünf Jahren, dass wir das mal Zehn nehmen.

Also noch einiges an Potenzial nach oben drin!

Ja, einiges an Potenzial nach oben!

Gartner Hype Cycle

Eins der Tools, für die Gartner bekannt ist, ist dieser Hype Cycle. Der beschreibt, wie die verschiedenen Technologien im Laufe der Zeit sich entwickeln und wie sie Anwendung finden oder auch nicht. Kannst du mal ganz kurz beschreiben, diese verschiedenen Phasen? Und dann zu gucken, wo Process Mining gerade sitzt! Einfach nur in Erinnerung rufen, wie dieser Hype Cycle mit diesen verschiedenen Phasen genau aussieht!

Ja gerne, mache ich, mache ich gerne! Also im Grunde genommen haben wir haben wir fünf Phasen.

Die erste Phase ist, wo wir so eine Innovation feststellen. Wo neue Technologien auf dem Markt sich platzieren. Wo dann auch ein Hype entsteht. Der Hype ist da, viele Firmen, viele Leute sprechen über diese neue Technologie. Und dann gehen natürlich gewisse Erwartungshaltung mit dieser Technologie. Das nennen wir so ein bisschen im englischen auch Innovation Trigger, wo die Innovation bekannt wird. Und dann steigert sich das so ein bisschen im Hype Cycle und geht so ein bisschen nach oben.

Peak of inflated Expectations

Dann kommt es in der zweiten Phase und wenn das peakt, also wirklich so ein bisschen auf dem Höhepunkt vom Hype, wo auch (sage ich mal) die Erwartungshaltung so ein bisschen auf der Kurve nicht mehr so weit nach oben gehen, das nennen wir Peak of inflated Expectations, also die Erwartungshaltung überzogen. Und dann geht’s so ein bisschen nach unten und meistens durchlaufen diese Technologien dann sogenannte Test Cases und Proofs-of-Concept. Setzen sie sich durch oder setzen sie sich nicht durch? Und das nennen wir so ein bisschen dann trough of disillusionment, wo letztendlich auch Enttäuschung manchmal da ist. Wo einige Technologien praktisch wieder runterfallen, das „Tal der Tränen“ sozusagen.

Dann setzt sich das dann. Mehr oder weniger Firmen benutzen diese Technologien. Das ist denn der Phase IV Slope of Enlightment, das heißt die Technologie hat sich durchgesetzt, ist aber noch nicht richtig in dem Bereich Mainstream. Und das nennen wir dann die Phase 5 und das ist das Plateau of Productivity. Und der Hype Cycle ist ja so ein bisschen zu sehen, wo wir auch Firmen letztendlich beraten und Advise geben, indem wir sagen: Pass mal auf: Wo steht überhaupt diese Technologie?

In welcher Phase befindet sie sich? Und wie solltest du reagieren als Firma, solltest du direkt in der Technologiephase 1 investieren. Oder solltest du warten, bis sie eventuell in der Phase 3 oder 4 sich dann einigermaßen durchgesetzt hat. Und wann ist der richtige Zeitpunkt der Investition in Bezug auf den Mehrwert, der dann entstehen würde für die Unternehmen? So ist der Hype Cycle so ein bisschen zu verstehen!

Ja super, und wo befindet sich Process-Mining gerade?

Process Mining ist natürlich nicht im Mainstream, sonst wär der Markt natürlich auch nicht bei 161 Millionen, dann hätten wir wahrscheinlich schon über eine Milliarde. Es es sind sehr viele Erwartungshaltungen mit dieser Technologie verbunden. Ich denke mal, es steht jetzt in Phase 2. Und durchwandert die anderen Phasen sehr schnell. Das heißt Peak of Inflated Expectations. Und jetzt wird natürlich auch (sage ich mal) diese Technologie sich in den nächsten Jahren rapid schnell entwickeln natürlich auch im Zusammenhang mit anderen Technologien. Wenn du drüber nachdenkst (ich habe ja eben schon gesagt) über die Automatisierung von Geschäftsprozessen. Wenn du drüber nachdenkst über Robotic Process Automation, das ist eine andere Technologie. Die steht auf dem Hype Cycle auch ähnlich da auf der gleichen Stufe.

Im Zusammenhang damit natürlich muss man auch nennen: Künstliche Intelligenz, Machine Learning. Diese Dinge und wenn man Process Mining [betrachtet], darf man [das] natürlich nicht nur in Isolation von (sage ich mal) den anderen Technologien sehen. Wenn man die zusammenpackt da wird ein Schuh draus. Und dann entsteht da meistens auch viel mehr Mehrwert, als wenn man jetzt die Technologie einzeln benutzt.

Market Guide von Gartner

Ihr habt auch so einen Market Guide rausgegeben, den habe ich mir meinen im Vorfeld angeschaut! Ganz interessant, kann ich als Lektüre nur empfehlen! Ich werde vielleicht auch einen Link in die Shownotes packen, damit Leute mal nachlesen können. Da steht z.B. auch drin, wer die wichtigsten Player im Markt sind. Wer sind die momentan die wichtigsten Player auf Anbieterseite?

Im Moment gibt es ungefähr 25 Anbieter, davon haben wir 19 in diesem Market Guide drin. Die haben ungefähr 95% von (sage ich mal) dem Share of sales oder 161 Millionen Revenue, die da draußen sind. Und da sind natürlich einige bekannte Firmen dabei, die letztendlich einmal hier auf dem europäischen Markt wahrscheinlich auch bekannt sind. Dann einige amerikanische Firmen, dann auch aber Celonis, um eine Firma zu nennen hier in Deutschland, wurde ja auch (glaube ich) im letzten Jahr ausgezeichnet für Digitalisierung. Dann haben wir Lana Labs, mehrwerk AG. Wir haben Cognitve Technology, Everflow, Fluxicon, Software AG, Logpickr, Minit, ProcessGold, Puzzledata, QPR. Es gibt schon Auswahl.

Was ist denn das Zweck und das Ziel, was ich als Unternehmen erreichen möchte? Jedes dieser Unternehmen hat natürlich Stärken und Schwächen. Also gibt es im Grunde genommen kein Unternehmen, wo du sagen kannst: Es ist fertig und kann die ganze Palette anbieten, was man mit Process Mining alles machen kann.

Man muss natürlich sagen: ok wie geht man daran? Indem man als Unternehmen sich die Frage stellt: Was will ich denn erreichen? Was ist der Zweck, was ich erreichen will, und welche Auswahl an Anbietern stehen zur Verfügung? und welche Stärken und Schwächen haben die? Und dann geht’s natürlich auch um die unterschiedlichen Modelle, die angeboten werden der Technologie on-premise, Cloud, Hybrid-Modelle so ne Sachen.

Es geht natürlich auch so ein bisschen dann um die Frage von Volumen. Wenn du viel mit Process-Mining-Technologie machen willst und großes Unternehmen bist, dann hast du natürlich auch sehr viel Daten. Da muss natürlich auch so ein Anbieter die Möglichkeit haben, dir diese Daten verarbeiten zu können durch die Technologie. Das heißt Scalability, so nennen wir das natürlich von der Gartner-Seite, spielt dabei eine wesentliche Rolle und Skalierbarkeit. Da kommen wir auch gleich schon zum ersten Gast, den wir heute noch dazu geladen haben, nämlich Siemens.

Siemens Smart Infrastructure als Anwender

SIEMENS einer der größten industriellen Anwender von Process Mining kann man sagen (glaube ich).

Ich denke schon ein Showcase aus meiner Sichtweise. Sie haben natürlich auch sehr früh in diesem Bereich investiert (ich glaube 2015, wenn ich mich nicht ganz täusche).

Also schon mehrere Jahre in diesem Thema drin! Ja, wir hören das gleich von Sven Markert. Sven hat langjährige Erfahrung im Supply Chain Umfeld. Ursprünglich angefangen im Startup-Bereich. Und dann über den Mittelstand dann zum Großkonzern gekommen. Also eigentlich schon in viele Facetten eines Unternehmens und auch von Supply Chain kennengelernt. Jetzt ist er der Head of Supply Chain von Siemens Smart Infrastructure. Und dort leitet er ein globales Team über alle Kontinente hinweg und ist da für die globale Lieferkette verantwortlich. Bei Siemens Smart Infrastructure arbeiten circa 70.000 Mitarbeiter und die machen einen Umsatz von mehr als 14 Milliarden. Nur, um so eine kleine Hausnummer zu nennen für die Größenordnung von dem, was da los ist. Okay, lass uns mal reinhören in das erste Gespräch, was ich mit Sven Markert von Siemens geführt habe.

Interview mit Sven Markert

Hallo Sven, herzlich willkommen im BVL.digital-Podcast schön, dass du dabei bist!

Hallo Boris, vielen Dank!

Bei euch bei Siemens ist Process Mining seit vielen Jahren auch in recht großem Umfang im Einsatz. Kannst du uns mal mitnehmen auf eine kleine kurze Zeitreise, wann und wie ihr die Technologie eingeführt habt? Und wie sie heute im Supply Chain Management in deiner Sparte zum Einsatz kommt?

Ja gerne, okay, wir haben das ganze Thema Process Mining schon relativ früh begonnen mit Geschäftsdatenanalysen. Wobei, die ersten Ergebnisse hatten wir dann, also verwendbare Ergebnisse, wo wir im Process Mining arbeiten konnten, hatten wir dann Anfang 2016 gehabt. Angefangen von unseren ganzen Order-to-Cash-Prozessen und da über einzelne Länder und Regionen. Und weitergehend dann in den ganzen Purchase-to-Pay-Prozess, die wir über unsere ganze Sparte gezogen haben und da Process Mining im Einsatz haben.

Das sind die beiden Aufgabenfelder. Hat sich das geändert über die Jahre? Oder ist das so, dass die beiden Felder, die so gleich geblieben sind über die Zeit?

Das hat sich gar nicht geändert. Die Einsatzgebiete, die beiden Bereiche Order-to-Cash und Purchase-to-Pay, sind gleich geblieben. Klar, für das Supply-Chain-Management klarerweise hat man es noch ein bisschen ergänzt, von Offer oder Opportunity-to-Cash. Für uns im Supply Chain Management sind die wesentlichen Einsatzbereiche gleich geblieben: Order-to-Cash und Purchase-to-Pay.

Kannst du die beiden Bereiche einmal bisschen detaillierter vorstellen, was genau ihr da macht?

Wir alle sind im Prozess von Order / Auftragseingang bis zur Bezahlung von den einzelnen Aufträgen und bilden die in jedem einzelnen Prozessschritt ab. Und visualisieren die über bestimmte Tools, dass wir die ganze Prozess visualisiert haben und dargestellt haben. Und in jeden einzelnen Prozessschritt reingehen können bis auf den einzelnen Auftrag, auf die Einzeltransaktion. Bis hin zur auch der Zeitschiene von der Uhrzeit, wann das passiert ist.

Sind dort alle Aufträge erfasst oder es ist ein Prozentsatz, oder wie darf ich mir das vorstellen?

Bei uns sind alle Aufträge erfasst, das sind kein Prozentsatz! Wir haben alle Aufträge erfasst: alle Aufträge, die reinkommen, und alle Purchase-Order-Sonderbestellungen, die wir rausschicken an Lieferanten, sind erfasst. Und jeder einzelne Prozessschritte ist da abgebildet.

Wie lange das gedauert, bis sie da an dem Punkt angelangt seid, dass alle Aufträge und alle Bestellungen da abgebildet waren?

Das fängt an mit sehr vielen Stammdaten. Es fängt mit der damit an dass man dadurch ein vernünftiges ERP-System (und wir haben da ja mehrere Mandanten davon) haben muss. Und das nimmt dann schon einiges an Zeit in Anspruch, und muss schon auch einiges investieren in die Technologie, dass man diese Menge, die wir da abbilden, ja abgebildet haben kann. Und wir haben gebraucht bis zu also gratis ist natürlich ein kontinuierlicher Prozess und immer wieder und es kommen neue dazu. Bis wir es hatten, waren das dann doch gute dreieinhalb Jahre.

Was für ein großes Team war daran beteiligt, so ein Projekt zu stemmen? Wie groß ist das Team?

Bei uns ist das crossfunktional mit IT und Länder-Supply-Chain-Organisationen, Einkaufsorganisationen. Die waren natürlich nicht kontinuierlich beteiligt, aber so ein kontinuierliches Team in der Größenordnung bei uns waren schon nicht wenig Leute, muss ich sagen, daran beteiligt. Bei uns in unserem Kernteam sind bestimmt um die 200 Leute gewesen, die daran gearbeitet haben, um das zu machen. Von der IT, von der Supply Chain Management, auch vom Einkauf her.

Erfolge durch Process Mining

Was sind so die wichtigsten Probleme, die ihr gelöst habt bzw. die größten Verbesserungen, die ihr erreichen konntet?

Die wichtigsten Probleme? Das ist natürlich immer so: Was ist ein Problem, wenn man es vorher nicht weiß, was denn da passiert ist. Die Sache ist: wir haben es visualisiert das erste Mal. Man erzählt sehr viel über seine eigenen Prozesse. Wir konnten die ganzen Themen visualisieren, wir konnten dadurch Schwachstellen analysieren und das Ganze aufstellen. Nur die Sache ist: wenn man es aufgestellt hat durch Process Mining und man sieht: Wo ist noch nichts geändert? Es gehört dann natürlich auch nach dem Process Minng sehr stark die Änderung dazu.

Was konnten wir damit verbessern? Also wir haben Standards gesetzt. Wir konnten unsere Standards, die wir eigentlich mal gesetzt haben, auch überprüfen, ob die denn eingehalten werden und eingehalten wurden. Wir haben dann Schwachstellen erkannt und diese Schwachstellen natürlich dann analysiert. Und dadurch konnten wir die Schwachstellen abstimmen und Automatisierungsgrad erhöhen.

Durchlaufzeit um 61% reduziert

Durch die Erhöhung des Automatisierungsgrad und Abstellen von Schwachstellen haben wir gerade unsere sogenannte Rework-Rate, wo wir halt immer wieder sehen, wenn Auftrag mehrfach angefasst werden muss, oder auch die Durchlaufzeit im ganzen Auftragsprozess, sei es in der Beschaffung oder auch im Sales-Order-Bereich, konnten wir deutlich reduzieren. Als Beispiel: Wir haben unseren Durchlaufprozess im Sales-Order um 61% reduzieren können. Das ist schon wesentlich und da geht natürlich auch eine Kundenzufriedenheit daher und auch Kostenreduzierungen.

Wir haben es dann weiter getrieben und auch ein bisschen eigenentwickelt, uns eigene KPIs gesetzt. Wir haben einen KPI gesetzt, nennt sich Digital-Fit-Rate. Das ist einfach die Rate der manuellen Interaktionen zu unseren Auftragspositionen und konnten durch dieses Process Mining und die Schwachstellenanalyse in Verbindung mit der Automatisierung danach erhöhen, dass die manuellen Interaktionen auf einer Auftragsposition deutlich zurückgehen.

Als Beispiel z.B., wenn ein Auftrag einfach auf Stopp läuft, weil der Preis falsch ist, der Preis, der rüberkommt, einfach falsch ist in den verschiedenen Systemen und dann geklärt werden muss. Und eine Preisanpassung gemacht werden muss, weil vielleicht ein Sonderpreis nicht gepflegt wurde.

Und solche Themen konnten wir damit abstellen und konnten dann auch unsere KPIs erhöhen. Was natürlich signifikante Reduzierungen auch in den Kosten […].

Die wichtigsten Learnings

Und was sind aus deiner Sicht jetzt die wichtigsten Learnings, sowohl positiv als auch negativ, wenn du mal zurückblickst?

Die wichtigsten Learnings: Es geht nicht so schnell, wie man sich denkt. Ich habe jetzt Process Mining, ich kann das alles machen. Aber nee, da ist er sehr viel Vorarbeit zu leisten und sehr viel Arbeit reinzustecken. Ist ein hoher Anfangsaufwand. Wenn man mal hinterher blickt, wie viel Aufwand wir betrieben haben, bis wir das dann stehen hatten, also ein sehr hoher Anfangsaufwand!

Learning auch noch mal: Klar, Process Mining ist es eine! Nur, wie schon gesagt: Es hat sich dann nichts geändert man hat es nur visualisiert und man kann es analysieren. Nur, man muss es ja auch ändern und muss ja auch Änderungen umsetzen, dass man was verbessert. Und das muss man trotzdem tun.

Das positive war natürlich, man kann Fakten-basiert, die Änderungen Fakten sprechen. Also dann kann man wirklich auch faktenbasiert die Änderungen angehen und mit den ganzen Stakeholdern dann auch durchgehen. Man lernt sehr viel über das Geschäft, man hat eine eigene einheitliche Wissensbasis. Und das verborgene Wissen gerade in so einer großen Organisation oder großen Unternehmen, wie wir sind, tritt zutage und kommt hervor.

Qualität der Entscheidungen verbessert sich deutlich

Die Entscheidungen, die man dann am Ende trifft, gerade auf der Management-Ebene, die Qualität der Entscheidungen verbessert sich deutlich. Das sind so die Learnings auf der positiven und auf der negativen Seite muss natürlich auch noch dazu sagen: Jedes Unternehmen muss natürlich wissen, wie groß ist es und was es denn da alles reinbringt. Wir stoßen natürlich regelmäßig im Process Mining an Grenzen der Performance von den IT-Systemen und an die Grenzen dann auch der Verfügbarkeit, weil die Datenmengen und die Zugriffszeiten sind dann einfach viel zu lang. Und die Datenmengen sind so groß, dass es teilweise immer wieder zu einer Nichtverfügbarkeit der Systeme kommt, wenn man wieder runterstrippen musst und am Ende dann vielleicht nur eine Monatsscheibe drin hat und keine Jahresscheibe. Dann sieht man dann doch nicht das große ganze Bild.

Blick in die Zukunft

Wenn du jetzt mal bisschen in die Zukunft blickst: Was glaubst Du, wo du die größten Verbesserungspotenziale noch für euch sind? Wo geht die Reise hin für euch?

Wir haben das ganze Thema Process Mining als einen Anfangspunkt unserer Digital Roadmap schon lange gesetzt gehabt. Unsere Digitalisierungs-Roadmap zeigt auf,  dass wir natürlich nicht von dem starren System eines ursprünglichen Process Mining stehen bleiben wollen, sondern das Ganze muss natürlich mit dem ganzen (ich sag immer) Digital Twin und dann ein Digital Companion muss ergänzt werden, um präskriptiv-Themen, um vorhersagende Themen. Und das ganze muss ergänzt werden (sage ich mal) auf dem Thema Künstliche Intelligenz, dass man auch Vorschläge kriegt und bestimmte Dinge schon gleich analysiert bekommt und nicht selber analysieren muss.

Was (ich sag mal) das ganze Thema Künstliche Intelligenz und Prescriptive Analytics damit weiter einzubeziehen und weiter auszurollen und damit weiter zu gehen sind für uns die nächsten großen Schritte, dass wir im Prinzip über diese ganzen Themen eines Digital Twin, was wir über Process Mining aufgebaut haben, auch irgendwann eine Self-healing Supply Chain haben, dass bestimmte Dinge auch automatisch geändert werden, wenn Prozesse denn so vorherrschen, immer wieder vorherrschen, dass bestimmte Dinge dann automatisiert verändert werden. Es sind die nächsten großen Schritte.

Da ergänzen sich die verschiedenen Technologien ganz gut, ne? Und lassen sich daraus jetzt so ein paar Ratschläge ableiten für unsere Zuhörer, die entweder Process Mining bei sich einführen wollen oder bestehende Projekte vorantreiben wollen?

Konzentration auf einen Anbieter

Ratschlag, auf jeden Fall genug Zeit mitnehmen und dann auch dezidierte Ressourcen da bereitstellen, weil sonst wird es nicht funktionieren. Der zweite Ratschlag ist: Bevor man es einführt muss man sich auch bewusst sein, dass man danach auch ändern muss, sonst hat man nichts gewonnen. Man muss auch bereit sein, das ganze Thema dann zu ändern und die Prozesse zu ändern und der nächste Ratschlag ist, sich auch wirklich auf eine Technologie zu konzentrieren und einen Anbieter zu konzentrieren.

Naja okay.

Nicht über mehrere zu gehen, weil das kreiert dann nur doppelt Kosten und doppelt Aufwand und wirklich gerade größere Einheiten nicht an jeder Stelle das Rad neu erfinden, ist eine alte Weisheit und es zählt dafür umso mehr.

Da ist dann die Auswahl des Anbieters am Anfang wahrscheinlich noch doppelt wichtig, wenn man sich auf einen konzentrieren will.

Absolut ja!

Super Sven, vielen Dank für das Gespräch heute! Toll, dass du dabei warst und bis zum nächsten Mal!

Ja gerne vielen dank dir auch!

Reaktion von Frank Vorrath

So Frank, das war die Anwendersicht von Siemens. Erste Reaktion? Kommentare?

Ja sehr interessant. Ich kenne natürlich den Sven auch persönlich und wir wissen auch, was Siemens da macht und gemacht hat. Also sehr sehr interessant! Ich kann den Ganzen zur zustimmen! Er hat natürlich auch die Erfahrung geschildert von mehreren Jahren seit der Einführung von Process Mining. Und die Dinge, die er da angesprochen hat: Man muss sich natürlich klar sein: Da steckt ein Aufwand dahinter, wenn man dies flächenmäßig global einführen möchte, die Technologie. Man muss die Ressourcen zur Verfügung haben im Unternehmen. Man muss sich dessen bewusst sein: Es dauert eine gewisse Zeit, ehe man letztendlich dann auch Erfolge erzielt mit der Software.

Ganz wichtiger Punkt, und da hat er hundertprozentig recht gehabt, ist natürlich auch: Man visualisiert Prozesse. Man zeigt Schwachstellen auf und man muss ja irgendwas mit diesen Resultaten dann tun. Das heißt man muss natürlich auch die Fähigkeiten im Unternehmen dann haben, an (sage ich mal) den Schwachstellen zu arbeiten. Denn ansonsten nutzt diese Software oder Technologie auch nichts, wenn man nur die Schwachstellen aufzeigt. Ich denke, das ist hundertprozentig richtig und er hat natürlich auch so ein bisschen dann da drüber gesprochen:

Wo geht’s dann mal hin? Wo geht die Reise mal hin? weil ich hatte ja auch vorher schon angedeutet dass wir natürlich relativ auch noch am Anfang stehen, wenn man das einfach mal sagen darf, obwohl seit 2009 das Thema auch schon bekannt ist. Aber von der Reife und wo ist mal hingehen kann mit der Technologie in Zusammenhang mit anderen Technologien. Künstliche Intelligenz hat er erwähnt, Machine Learning, Robotic Process Automation, wenn man das natürlich dann auch noch damit verknüpft, dann glaube ich wird man in Zukunft auch noch viel viel mehr Mehrwert erziehen können. Und da ist schon eine gewisse Erwartungshaltung dann auch da vom Markt.

Konzentration auf einen Anbieter

Er hat es sehr gut geschildert, ich bin auch mit ihm im Einklang darüber, dass man wenn man sich dazu entscheidet, natürlich auch drüber nachdenkt, dass man sich gezielt einen Technologieanbieter auswählt. Je nach Stärken dann natürlich auch verbunden mit den Zielen, die man hat. Oder was man da erreichen möchte, wenn man diese Technologie einführt. Und dann eben vermeidet, dass man (sage ich mal) zusätzlichen Aufwand und Kosten damit hat. Das macht schon sehr viel Sinn, was der Sven von Siemens da gesagt, und was Siemens da umgesetzt hat.

Ja, fand ich dann doch interessante Aussage mit diesem Fokussieren auf einen Anbieter. Denn es kann ja theoretisch auch möglich sein, dass du hast ja dann angedeuteten 19 verschiedene Player im Markt, die vielleicht sich auch ergänzen in der Art und Weise, wie sie rangehen oder die Fähigkeiten, die sie ermöglichen, Ist das nicht so, dass man auch sagen kann: Statt sich auf einen zu fokussieren, der vielleicht nicht alles abbildet, vielleicht ein zwei mit reinnehmen oder sogar drei, die sich vielleicht ergänzen. Oder ist das noch gar nicht so?

Na ja, idealerweise willst du ja einen End-to-End-Prozess damit machen. Man fängt ja wahrscheinlich an mit Piloten. Also wir würden zumindest empfehlen, mit einem Pilotprojekt anzufangen. Man fängt vielleicht an mit einem der Core-Prozesse. Nehmen wir mal Order-to-Cash oder Procure-to-Pay. Der Grund, warum man das so macht, ist natürlich, dass diese Prozesse normalerweise aus dem ERP rauskommen. Und da sind die Daten einfacher zu händeln, auch in der Verknüpfung und Integration ins (letztendlich) Process Mining, in die Technologie rein.

Da muss man drüber nachdenken: wie sieht denn so ein Blueprint aus? Und wir sieht mein Endbild aus? Was will ich denn damit erreichen? Und man hat natürlich, wenn man mit mehreren dann zusammenarbeitet, eine gewisse Komplexität. Die muss man auch wieder händeln können. Man hat Aufwand und man hat Kosten.

Auswahl der Anbieter

Wie sieht denn meine Ausrichtung aus über die nächsten drei bis fünf Jahre? Welche Anbieter können mir heute schon das geben, um letztendlich schnelle Resultate zu erzielen mit dem Pilotprojekten, die ich habe. Und letztendlich: Wer gibt mir dann so von der Vision als Anbieter dann auch so ein bisschen die Gewissheit und die Sicherheit, dass ich mein Endbild, was ich so für die nächsten drei bis fünf Jahres als Unternehmen vor Augen habe, letztendlich auch die Sicherheit, dass das umgesetzt werden kann. Und da kannst du natürlich nicht mit den 19 zusammenarbeiten. Du wirst wahrscheinlich eine Konstellation haben, dass du Anbieter hast oder einen Anbieter hast für Process Mining. Und dann musst du wahrscheinlich auch drüber nachdenken: Welcher Anbieter passt da rein für Robotic Process Automation, Machine Learning, künstliche Intelligenz und das muss ja auch kompatibel sein und skalierbar letztendlich. Darüber muss man natürlich auch nachdenken!

Die Technologie muss natürlich dann auch und sollte verbunden werden mit anderen Technologien. Da sollte man schon, wenn man die Auswahl hat oder durch das Auswahlverfahren durchgeht, drauf achten. Wenn du nicht drauf achtest, dann hast du nachher Process-Mining-Technologie eingeführt. Und das passt dann eventuell nicht mit der nächsten Technologie, die du dann damit verknüpfen möchtest.

Celonis

Einer der wichtigen Anbieter, der Name ist manchmal gefallen, ist Celonis. und die haben wir heute auch als Gast eingeladen. Celonis ist führender Anbieter im Bereich Process Mining Software oder schon gesagt deutsches Unternehmen, sitzt in München und auch in New York und wird auch zu den wenigen europäischen Unicorns. Also ein privates Start-up, das mit über einer Milliarde Dollar bewertet wird, und ich glaube inzwischen schon weitaus mehr. Unser Gast Dr. Marcel Vollmer ist Chief Innovation Officer bei Celonis. Zuvor war Marcel in unterschiedlichen Funktionen bei SAP tätig, also langjährige SAPler. Da war er verantwortlich für die Digitalisierung der Kunden als Chief Digital Officer in der Cloud Business Group. Davor war er Chief Operating Officer bei SAP Ariba. Und davor hat Marcel mehrere Integrationsprojekte bei DHL im Express- und Supply-Chain-Bereich geführt. Also ein weiterer sehr interessanter Gast. Hier kommt Marcel Vollmer.

Interview mit Marcel Vollmer

Hallo Marcel, willkommen im BVL.digital-Podcast! Schön, dass du dabei bist!

Vielen Dank für die Einladung, ich freue mich sehr!

Gerne! Gerne! Marcel, ihr seid mit Celonis einer der großen Pioniere (kann man sagen) des Process Mining. Ihr zählt viele große prominente globale Unternehmen zu euren Kunden. Siemens, ABB.

Airbus habe ich gesehen, L’Oréal, Lufthansa, Merck, also die richtig großen! Meine Frage nun an Dich: wie sieht’s aus mit kleinen und mittelständischen Unternehmen? Inwieweit kann auch so ein kleiner deutscher Mittelständler z.B. von Process Mining im Bereich Supply-Chain-Management profitieren?

Das Faszinierende bei Celonis ist, dass du die Process-Mining bzw. Process-Analytics-Technologie wirklich für alle Industrien und alle Unternehmensgrößen einsetzen kannst. Das heißt, du hast jetzt gerade die großen Konzerne erwähnt, die wir auch als Kundenreferenz haben. Da ist natürlich das größte Volumen dahinter. Siemens hat über 10 Millionen Transaktionen eingespart. Vodafone entsprechend signifikante Qualitätsverbesserungen der Purchase-Order-Qualität von 73% auf 96%. Das sind natürlich immer die großen Themen, die man gerne erwähnt und wo halt auch das Volumen dahinter ist.

Technologie für jede Unternehmensgröße

Bei Celonis ist das Faszinierende, dass die Technologie grundsätzlich für nahezu jede Unternehmensgröße funktioniert. Was wichtig ist und das kannst du dir so vorstellen: Das ist im Grunde eine Art Röntgengerät, also wir nennen es Process Mining. Und dieses Röntgengerät geht über die ganzen IT-Systeme, die du hast, rüber. Das können viele ERP Enterprise-Resource-Planning-Systeme sein, das können auch manuelle Daten sein, die in Excel zusammengefasst werden. Das können auch unterschiedliche andere Systeme sein, wie SAP Ariba, das für den Einkauf noch hast, ein IBP was Du für das Supply-Chain-Management nutzt oder ein Logistik-Transportmanagement-System.

Celonis nutzt diese gesamten Datenpunkte, die Events. Und nimmt sie dann und visualisiert den gesamten Prozess vom Anfang bis zum Ende. Und das ist genau das, was im Grunde für die gesamten Unternehmen funktioniert und du brauchst natürlich gewisse Daten dafür. Die musst du haben. Quellen spielen keine Rolle. Unsere Plattform ist eine hochflexible Technologieplattform, die Du im Grunde mit jeden Daten connecten kannst. Und danach kannst du es nutzen. Im übrigen für die, die es mal testen wollen: Unsere Basisversion heißt SNAP. Die ist komplett kostenlos und du kannst sofort ein paar Daten hereinladen, um zu sehen, wie es funktioniert. Funktioniert definitiv auch für Mittelstand, und wir haben bereits viele mittelständische Kunden.

Hast ein paar Beispiele dabei von Mittelständlern?

Super Beispiel ist Schukat, macht sehr viel Warenlager-Management, hat einen unglaublich großen Katalog, auch eine sehr ausgefeilte Logistik. Das sind die, die mir am ehesten einfallen, ist definitiv mittelständisches Unternehmen. Die nutzen Celonis, um die gesamte Transparenz über ihren Prozess zu haben. Über die Supply-Chain, den Procurement-Bereich, aber dann auch die Sales-Aktivitäten, um so zu optimieren, dass sie entsprechend auch die richtigen Produkte in der richtigen Zeit vorrätig haben. Und dann natürlich auch sich permanent optimieren können. Hat jetzt gerade ein Riesen-Warenlager in Monheim gebaut. Also ein toller Erfolg. Das ist ein gutes Beispiel, wo ein Mittelständler das nutzt.

Aber wie weit verbreitet ist die Technologie momentan im Mittelstand? Da ist sicherlich noch Ausbaubedarf oder wie schätzt du das ein?

Absolut! Riesen-Ausbaubedarf! Mittelstand ist wirklich, also wir haben jetzt so ein paar Beispiele, aber im Mittelstand ist Celonis noch nicht wirklich angekommen. Wenn Du als Startup und mittlerweile als Unicorn damit anfängst, dann hast Du entsprechend natürlich erstmal große Kunden, auf die man sich fokussiert. Wir hatten großes Glück, als Celonis. Die drei Gründer haben sehr früh mit Siemens einen der größten Konzerne als Kunden gewonnen. Und dementsprechend war natürlich klar, dass man da in dem Bereich schon gewisse Expertise aufbaut, was man dann einfach auch für andere Konzerne nutzen kannst.

Wie gesagt, die Technologie funktioniert eben bei jeder Größenordnung. Es ist immer so: Du fängst mit den größten an und dann gehst du in den größeren Mittelstand und dann eben zu den kleineren Mittelständler. Kleine Unternehmen werden Celonis wahrscheinlich nicht nutzen, sie könnten das potenziell. Aber natürlich braucht man schon eine gewisse Menge an Daten, um sicherzustellen, dass du auch wirklich die Benefits hast.

Innovationen beim Process Mining

Marcel, jetzt seid ihr nicht nur die Pioniere des Feldes, sondern auch wichtige Innovatoren. Was sind denn momentan so aus deiner Sicht die neuesten Innovationen beim Process Mining im Bereich Supply Chain Management?

Supply Chain Management ist für uns einer der wichtigsten Bereiche. Wir haben eine Lösung entwickelt, eine operationale Application, die wir drüberhängen: Du kannst es dir so vorstellen: Unsere Lösung heißt Intelligent Business Cloud. Das ist im Grunde ein operatives System, was du als Cloud-Lösung über deine gesamten IT-Systeme drüberlegst. Die Röntgen-Funktionalität, die es dann hat, hatte ich schon mal ganz kurz ausgeführt. Aber im Grunde managst du und siehst deine gesamten Prozesse in dieser Cloud-Lösung und was wir jetzt machen für gewisse Komponenten wie z.B. Supply-Chain-Management hier der Bereich Material Master. Da haben wir eine Lösung entwickelt, die wirklich nicht nur diese Visualisierung schaffen, das ist der erste Schritt, das ist der Anfang von Process Mining, den Celonis als Marktführer wirklich dann in den Markt gebracht.

Der spannende Schritt ist jetzt, dass du dann wirklich Aktionen daraus ableiten kannst hast, was du an Visualisierung erreicht hast, um wirklich zu sehen ok wie kann ich jetzt diese Verbesserungen, die ich hier sehe: Hier ist die Automatisierungsrate nur halb so groß wie in dem Bereich wie die Automatisierung unterschiedlicher Prozesse unterschiedlicher Mandanten wie sagt man dann kannst Du also auch miteinander vergleichen und kannst dann eben sehen: Was machen die eigentlich besser? Warum ist zum Beispiel in einem Prozess ganz wichtig natürlich (wenn du die Supply Chain am Laufen halten willst), dass du auch die ganzen Waren entsprechend wirklich bekommst!

Wieso gehen einige Bestellungen verspätet raus? Oder warum z.B. bleiben Rechnungen in deinem System? Zahlst du deine Lieferanten rechtzeitig? Diese Visualisierung ist genau das, was du im ersten Schritt dann anreicherst mit den Aktionen, die wirklich die Veränderung in den Backend-Systemen umsetzen. Wenn du siehst: Da ist ein Prozess so langsam, hier dauern Workflows zu lange. Dann kannst du da entsprechend auch darauf reagieren. Die Workflows anpassen.

Wenn du siehst: Hier finden Preisänderungen statt, dadurch bleibt im System erst mal der Prozess stecken, dann kannst du automatisch direkt im Backend sind z.B. im SAP-System gleich die Änderung vornehmen, so dass du die Automatisierung hier erhöht. Und das Ganze ist eingebettet in ein kontinuierliches Monitoring. Du hast ein Dashboard, das dir den gesamten Prozess zeigt, die Verbesserungspotentiale Grün-Gelb-Rot (in einem typischen Ampel-Setup) und dann im nächsten Schritt auch ein Monitoring ermöglicht, dass du eben genau siehst: Was ist jetzt für meinen Bereich gerade aktuell und wichtig?

Ist das System schon im Einsatz bei Kunden?

Ja, absolut! Also wir haben, wir hatten unsere Celosphere, das ist unsere hausinterne Messe. Wir haben letztes Jahr damit angefangen, da hatten wir 1000 Teilnehmer, die physisch in München zusammengekommen sind. In diesem Jahr hatten wir mit 2000 geplant. Wir wissen alle, was mit Cornona passiert ist. Das Event hat nicht stattgefunden als physisches Event, aber als virtuelles Event.

Wir waren absolut überwältigt, als wir gesehen haben, dass sich mehr als 18.000 registriert haben dafür. Also wirklich für uns war es ein Riesenerfolgserlebnis, weil wir gesehen haben: So viele haben Interesse an Process Mining und nehmen teil. Also abgeleitet haben sich dann für unsere operativen Apps, die unser Chief Product Officer mit dem Technologie-Team entwickelt hat, haben sich sofort insgesamt etwas über hundert Kunden gemeldet, die Interesse haben, gleich in dieser Frühphase beim Test mit dabei zu sein.

Ein toller Erfolg, wirklich! und wir versprechen uns davon, den nächsten Schritt der Automatisierung auch mit vorkonfigurierten Lösungen in dem Supply-Chain-Bereich weiter voranzutreiben.

Der zweite Bereich, um das noch abzuschließen, ist Accounts Payable. In dem Segment haben wir die meisten Kunden. Accounts Payable ist der größte Bereich, den wir haben, gefolgt von Order-to-Cash, und deshalb haben wir in diesem Bereich natürlich auch die meisten Finanzprozesse automatisiert.

Wenn du nach vorne schaust, die nächsten paar Jahre nach vorne, vielleicht 2025.

Wie wird sich Process Mining bis 2025 entwickelt haben?

Ich glaube, Process Mining wird der Standard in jedem Unternehmen sein, als Operational Layer on Top auf die unterschiedlichen IT-Systeme. Das heißt, der Fachbereich arbeitet nur noch mit Process Mining und kann von da aus direkt auf die Backend-Systeme zugreifen. Er braucht ich gar nicht mehr drum zu kümmern, welches SAP-System ist das? Welcher Releasestand oder vielleicht auch ein anderes System, was viele Kunden haben? Sondern kann aus seiner Lösung heraus im Grunde alle kritischen Geschäftsprozesse durchführen. Das, glaube ich, ist die Vision und ich glaube auch, dass das Realität werden wird in vielen Unternehmen auf der ganzen Welt.

Webinar am 22. Juli 2020

Ihr seid ja demnächst auch mit einem BVL.digital-Webinar am Start, am 22. Juli. Worum geht’s da?

Je mehr über Process Mining und Celonis wissen wollen, wie es wirklich funktioniert. Wie erfolgt die Visualisierung? Was kannst du dann wirklich mit unserem System umzusetzen? Wie sieht das Dashboard, das Monitoring aus? Das was ich verbal beschrieben habe, sieht natürlich viel eindrucksvoller aus, wenn du es wirklich siehst. In diesem Webinar wirst du praktisch durch den gesamten Prozess einmal durchgeführt. Wir haben unsere Innovationen, die wir auch vorstellen werden, die Operational Apps für Supply Chain and Accounts Payable. Zusätzlich haben wir auch noch Machine-Learning-Capabilities mit eingebaut. Das heißt, wir werden auch zeigen, wie nutzen wir Maschine Learning, um diese Automatisierung weiter zu verbessern.

Task Mining

Als neue Innovation haben wir ebenfalls Task Mining. Das heißt, viele Daten finden im Prozess statt und was ich beschrieben habe auch mit Beispielen von ERP-System, sind ja Daten in den Systemen. Es gibt aber auch jede Menge Aktivitäten außerhalb dieser Systeme. Wenn du z.B. Lieferanten mit Google suchst, dann hast du zwar auch ein System, nämlich Google und hast du Chrome-Browser ,oder was auch immer du nutzt. Aber du hast es nicht direkt im System gleich mit drin. Es ist aber wichtig für den Prozess rauszufinden: Wie viel Aufwand ist das eigentlich? Wo sind die Probleme? Warum müssen die Lieferanten gesucht werden? und sobald das haben wir jetzt auch mit in die Gesamtprozess-Sicht mit eingebaut und das alles während werden wir in den Webinaren im Juli zeigen, es lohnt sich!

Sehr cool, ich werde auf jeden Fall einen Link zum Webinar in die Shownotes packen. Marcel ,vielen Dank für das Gespräch heute! Toll, dass du dabei warst und bis zum nächsten Mal!

Reaktion von Frank Vorrath

Frank, teilst du Marcels Meinung, dass Process Mining schon 2025 zum absoluten Standard in jedem Unternehmen gehört?

Na ja, das geht zumindest (sage ich mal) in die Richtung. Ob es dann letztendlich absolut Standard in jedem Unternehmen ist, das wird sich zeigen. Ich würde eher davon sprechen, dass wir ja mehr über Gartner, über den sogenannten Digital Twin, sprechen. Process Mining ist sicherlich ein Teil davon. Es gibt natürlich verschiedene Anwendungsbereiche, wenn wir ja jetzt mal über die Fakten reden.

Use Cases of Process Mining

Im Moment nutzen 41% (sage ich mal) der Firmen es im Bereich Business Process Improvements, das heißt wirklich Optimierung der bestehenden Geschäftsprozesse. Ungefähr 21% nutzen das für Auditing & Compliance. Marcel hat auch eben darüber gesprochen über Procure-to-pay-Prozesse ungefähr (sage ich mal) 18 % für Prozessautomatisierung und ungefähr 15% für digitale Transformation. Im Grunde genommen (glaube ich oder glauben wir) ist das ein Teil einer sogenannten Digital Twin, wo man praktisch seine gesamten physischen Geschäftsprozesse digital visualisieren kann. Und im Grunde genommen dann auch die Richtung wird gehen, dass es verknüpft wird mit anderen Technologien wie (habe ich ja gesagt) künstliche Intelligenz, Machine Learning, Robotic Process Automation

Wenn man das alles verknüpft, dann macht auch ein Digital Twin dann Sinn. Process Mining ist ein Teil davon. Sicherlich, man muss ja auch immer drüber nachdenken: Für was möchte man das verwenden? Im Grunde genommen möchte man seinen Prozess erstmal kennen. Visualisieren, Entscheidungen treffen aufgrund von Daten und Fakten, Aktionen fahren oder Aktionen vorgegeben bekommen, die man fahren sollte. Um Verbesserung.

Man möchte eventuell auch gleich mal sein Unternehmen je nach Ausrichtung der Strategie fahren. Das heißt, man möchte seine Geschäftsprozesse letztendlich so ausrichten, dass man die Strategie, die man sich als Unternehmen gesetzt hat, dann auch umsetzen kann. Das heißt, wenn ich heutzutage differenziere, mein Unternehmen, dass ich sehr gute Produkte an den Markt liefere aufgrund meiner führenden Rolle auf dem Markt mit meinen Produkten, aber ich möchte differenzieren durch den Service: dann kann ich das natürlich dann auch durch so eine Software dann strategisch auch fahren. Wenn ich z.B. gewisse Dinge (sage ich mal) im Cashflow optimieren möchte, dann kann ich natürlich so solche Sachen auch nutzen.

Predictive Analytics

Das ist alles richtig, ich sehe natürlich eher den Ansatz von Digital Twin und Process Mining ist Teil davon. Eine andere Sache sehe ich natürlich Predictive Analytics, wo man wirklich diese historischen Daten oder Realtime-Daten dann auch dazu verwendet, um (sage ich mal) zukünftige Ereignisse vorherzusagen. Und das ist (glaube ich) dann letztendlich auch, wo wirklich dann diese Software-Technologie zusammen mit den anderen Technologien noch mehr Mehrwert erzeugen wird.

Wenn du drüber nachdenkst, es ist irgendwas passiert in deinem Geschäftsprozess. Der hat jetzt Auswirkung auf nachfolgende Dinge, möchtest du natürlich dann auch wissen: Was sind denn auch die Konsequenzen davon? Wie kannst du da einschreiten als Unternehmen, um gewisse Dinge, die jetzt als Szenarien dir präsentiert werden, auch vermeiden zu können? Und in diese Richtung wird es letztendlich geben und da muss man darüber natürlich auch ein entscheidendes Kriterium da ist natürlich da: Man muss das Unternehmen dann nachher auch die Fähigkeiten haben.

Da spielen natürlich auch deine Mitarbeiter eine Rolle, die dann auch mit dieser Technologie umgehen müssen. Dann aber auch letztendlich Entscheidungen treffen, die eventuell ihnen vorgegeben werden in gewissen Szenarien. Es ist ja nicht nur so, dass du sämtliche Prozesse alles automatisieren wirst. Da werden ja auch noch ein paar Leute dann sitzen, die letztendlich dann auch mit dieser Technologie arbeiten sollen. Und vor allen Dingen auch: Das Arbeiten sollte ja einfacher werden und nicht komplexer.

Ratschläge von Frank Vorrath

Frank, abschließend aus deiner Sicht ein paar Ratschläge, die du interessierten Anwendern mit auf den Weg geben würdest.

Na ja, ich hatte ja vorhin schon so ein bisschen drüber gesprochen. Also, wenn man am Anfang dieser Reise steht, dann sollte man natürlich auch drüber nachdenken: Was will ich da mal damit erreichen? Also Ziel und Zweck, sehr sehr sehr wichtig. Man sollte drüber nachdenken, klein anzufangen, Piloten zu definieren. Vielleicht so in diesen Kern-Geschäftsprozessen Order-to-Cash [und] Procure-to-Pay.

Stammdatenmanagement

Man soll drüber nachdenken über den Aufwand, den man verwendet, gerade in dem Bereich Daten. Stammdatenmanagement. Hat man gute Daten? Hat man nicht so gute Daten? Was sind die Voraussetzungen, die ich erstmal erfüllen muss als Unternehmen, dass ich überhaupt über Process Mining nachdenken und später einführen kann.

Was ist mit den Ressourcen? Habe ich genügend Ressourcen? Bekomme ich die Ressourcen immer, wenn ich danach frage? Wie ist das denn so wenn ich da jetzt so die Piloten dann habe, ich habe die Ressourcen, ich habe die Mittel. Wie ist das mit den Fähigkeiten meiner Leute? Was muss da parallel gemacht werden? Inwieweit müssen meine Mitarbeiter trainiert werden, auch letztendlich mit dieser Software dann umzugehen? Und letztendlich, ganz ganz ganz wichtig, wo möchte ich da mal hin in drei bis fünf Jahren? Wie sieht dann (so ein bisschen) mein Endbild einer Strategie aus?

Und wenn ich mit Process Mining dann arbeiten möchte, auch von der Technologie, wird es ja nicht nur bei dieser Technologie bleiben. Wie kompatibel ist dann die Technologie auch mit anderen Technologien? Und welche Möglichkeiten habe ich da letztendlich und wie flexibel möchte ich dann auch sein als Unternehmer. Also das ist so ein bisschen meine Empfehlung. Meine Empfehlung wäre natürlich auch immer dabei, Gartner zu nutzen. Ich glaube, wir haben da eine sehr neutrale Sichtweise drauf! Sorry, das sollte auch mal gesagt werden.

Abschied

Ja super! Frank, danke für das tolle Gespräch heute! Toll, dass du dabei warst und hoffentlich bis zum nächsten Mal! Das war ein sehr sehr toller Versuch diesmal! Neues Format. Ich hoffe den Hörern hat es gefallen! Und ja, wenn es wenn es einschlägt, wenn es Interesse gefunden hat, dann gerne noch ein nächstes Mal! Ich habe mir schon eine Notiz gemacht. Digital Twin habe ich mir als Notiz gemacht. Vielleicht noch mal eine Folge demnächst zum Thema Digital Twin. Wenn das Interesse da ist, mal gucken!

Immer gerne, vielen Dank, Boris!

Bis dann, tschüss Frank, tschüss!

So das war die BVL.digital Podcast Episode zum Thema Process Mining! Ich bin gespannt auf euer Feedback! Schreibt uns gerne an, am besten über Linkedin! Und denkt daran, den BVL.digital-Podcast zu abonnieren, damit ihr keine der kommenden Folgen verpasst. Wer noch tiefer in die Materie Process Mining einsteigen will, dem empfehle ich das bereits erwähnte BVL.digital-Webinar am 22. Juli 2020. Link dazu findet ihr in den Shownotes! In diesem Sinne bis zum nächsten Mal!

Euer Boris Felgendreher.