Strukturwandel in der Automobilindustrie (Teil 2)

Verändert die E-Mobilität die deutsche Unternehmensstruktur?

Dieser Beitrag ist die Fortsetzung von „Strukturwandel in der Automobilindustrie (Teil 1)“ und gibt einen weiteren Überblick über die aktuelle Diskussion zum Thema alternative Antriebe.

China – Der größte Markt für E-Mobilität

Im Gegensatz zu Deutschland, wo die Elektromobilität nicht weiterkommt, werden in China bereits über eine halbe Million Elektroautos abgesetzt, sodass China der mit Abstand weltgrößte Markt für Elektrofahrzeuge ist.
Woran das liegt? Der chinesische Staat steuert die Automobilpolitik und setzt den Technologiewechsel in der Automobilindustrie für mehrere Jahrzehnte auf Platz eins der Prioritätenliste. Die Ziele sind:

  • die Senkung der Umweltbelastung in Ballungsgebieten,
  • die Sicherung der Unabhängigkeit von Ölimporten für die Energieversorgung und
  • die Bevorteilung chinesischer Anbieter im Wettbewerb.

Somit lautet das langfristige Ziel Chinas:
Globale Technologie- und Marktführerschaft in der Elektromobilität!

Der Staat steuert über Eingriffe und Anreize die Wertschöpfungskette: Batterie und Fahrzeugelektronik, Lade- und Netzinfrastruktur sowie Finanzierung und Nutzung durch den Endabnehmer. Dabei wird auch die Vernetzung des Elektroautos mit Bezug auf autonomes Fahren und intelligente Verkehrssysteme hervorgehoben.
Damit sich chinesische Unternehmen an die staatlichen Vorschriften halten, wurde eine Mindestquote für Elektroautos eingeführt. Die Nichteinhaltung führt zu Bonitätsverlust oder Sanktionen: Verlust von Steuervergünstigungen und Fördermitteln, Einschränkung der Investitionen im Land, Verurteilung als nicht vertrauenswürdig auf Online-Plattformen oder gar die Einstellung der Aktivität in China. ¹

Wo liegt der Unterschied zwischen der Automobilpolitik Deutschlands und Chinas?

In Deutschland wird noch darüber diskutiert, ob die Politik über das Ende des Verbrennungsmotors entscheiden muss – In China wurden von der Politik Fakten geschaffen. Chinas Vorteil ist dabei seine Marktmacht: Es ist der global größte und am schnellsten wachsende Automarkt.
Diese Entwicklung betrifft weiterhin deutsche Autobauer in China. Auch wenn sich VW anfangs gegen die Elektroquote sperrte, steht der Konzern ihr nun positiv gegenüber. In Kooperation mit chinesischen Partnern will VW nun bis 2025 etwa 40 Fahrzeugmodelle mit alternativen Antrieben produzieren.²

China konnte technisch beim Verbrennungsmotor nicht mit anderen Automobilherstellern mithalten. Allerdings fallen die seither mechanisch kompliziertesten Teile bei einem Elektroauto weg – Eine große Chance für China. Neben der Elektromobilität eröffnet sich allerdings eine weitere Chance: das autonome Fahren. Auch in diesem Feld will die Regierung eingreifen und mit Geld und Gesetzen dafür sorgen, dass die zukünftigen Standards chinesisch sind.
Dieser Gedanke der chinesischen Regierung bleibt in Deutschland allerdings nicht unbemerkt. Die deutsche Industrie bemerkt, mit welcher Geschwindigkeit China aufholt bzw. überholt. BMW merkt an, dass Standards wichtig seien. So müssen Sensoren Straßen, Fahrzeuge und Fußgänger erkennen können und dies bei jedem Wetter. Innerhalb kürzester Zeit baute BMW einen großen Robotercampus für Testfahrten. BMW-Vorstandschef Harald Krüger spricht von einem Krieg – Ein Krieg um Fahrdaten und die Entwicklung des ersten Roboterautos. Es sei eine große Herausforderung, so Krüger. BMW will aufgrund dieses Krieges von der Stufe der Fahrerassistenzsysteme sofort auf die Stufe des Roboterautos gelangen.³

Wettbewerbsfaktor Batterie: Wer macht das Rennen?

Das batteriebetriebene Elektroauto bringt viele Vorteile mit sich – darunter kein direkter Kohlenstoffdioxid-Ausstoß. Allerdings ist zu beachten, dass die Stromerzeugung und die Batterieproduktion hohe Mengen CO2 freisetzen. Der Verbrauch knapper Ressourcen – Kobalt, Lithium, Grafit, Mangan und seltene Erden – ist hoch. Sie werden in Deutschland jedoch nicht gefördert, sodass Deutschland auf Importe angewiesen ist: Die Importe stammen allerdings u.a. aus Ländern, welche als politisch instabil gelten (z.B. Kongo) oder geringe Exportmengen aufweisen (z.B. China).

Diese Abhängigkeit machte sich bereits bei VW bemerkbar. Da die Lieferanten die Preise bestimmen können, besitzen sie die Macht, die Exporte an Unternehmen zu stoppen. So passierte es bei VW: VW versuchte einen niedrigen Einkaufspreis für Kobalt festzusetzen – Das Ergebnis: Keine weiterführenden Gespräche mit dem Lieferanten und keine Kobaltlieferung.

Wasserstofftanks stehen nicht in einer derartigen Abhängigkeit. Sie haben einen geringen Ressourcenverbrauch, da sie ausschließlich aus Kohlefaserverbundwerkstoff bestehen. Japanische und koreanische Hersteller verschreiben sich deutlich dieser Technik – auch China erkennt die Vorteile und steigt in die Technik ein.

Das Fazit ist klar: Die Automobilbranche steht vor einer großen Veränderung

Hinter der Austrittsdrohung VWs aus dem VDA stehen die Fragen, in welche Richtung Deutschlands wichtigste Industrie angesichts alternativer Antriebe gehen will, mit welcher Konsequenz und welchem Tempo.
VW-Chef Diess setzt alles auf Elektromobilität und investiert viel in die Entwicklung und Produktion elektrischer Fahrzeuge. Die Wettbewerber stehen diesem Vorgehen kritisch gegenüber – Denn es spricht vieles dafür, dass zukünftig verschiedene Antriebsarten nebeneinander vorherrschen.

Die Investitionen in alternative Antriebe – allem voran die Elektromobilität – führen in Unternehmen zu einem starken Kostendruck. Für die Unternehmen steht viel auf dem Spiel, denn sollte es zu einem Auseinanderbrechen der Branche kommen hat dies Konsequenzen:

  • für die Marken der deutschen Autohersteller,
  • für die Arbeitsplätze in der deutschen Automobilbranche und
  • für das Wachstum und den Wohlstand in Deutschland.

Aus diesem Grund ist der Zusammenhalt der Branche umso wichtiger.

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