Fünf innovative Robotik-Lösungen für die Logistik gab es in der fünften Folge der Innovation Pitches am Mittwoch, 2. Dezember 2020. Nikolai Posanok moderierte diese Folge an seinem Geburtstag zusammen mit Tobias Schweikl, Chefredakteur der Fachzeitschrift LOGISTRA. Fünf Speaker aus verschiedenen Unternehmen präsentierten diesmal jeweils 15 Minuten lang vor 150 Gästen ihre innovativen Roboter.
Pick-Roboter
Im ersten Vortrag präsentierte Benjamin Sommer, Head of Sales & Marketing beim Münchner Roboter-Hersteller Magazino, dem Publikum die nächste Generation von Pick-Robotern. Die Pick-Roboter der nächsten Generation sind mit Kameras und Sensoren ausgestattet, damit sie auch falsch oder schief positionierte Ware aufgreifen können. Pro Minute entstehen dadurch 4-5 GB an Daten.
TORU, ein mobiler Pick-Roboter, ist bereits bei ASICS oder Zalando im Einsatz, um Schuhkartons ein- und auszulagern und an den Versand zu übergeben. TORU braucht mit Sicherheitsabstand etwa 80 cm Gangbreite und kann Ware bis zur maximalen Greifhöhe von 2,50 Meter aufnehmen.
SOTO, ein mobiler Roboter für automatisierte Versorgung mit Kleinteilen, soll 2021 auf den Markt kommen. Dieser Roboter erfüllt die Bedürfnisse der produzierende Industrie, er soll Kleinteile-Behälter picken, scannen, bedarfsgerecht drehen und bis zu 24 Behälter transportieren. BMW, Bosch, Hella, Miele, Webasto und ZF sind die Entwicklungspartner. Mit seinem omni-direktionalen Antrieb braucht er zudem weniger Platz als herkömmliche Fahrerlose Transportsysteme.
Benjamin Sommer betonte, dass Magazino im nächsten Jahr (2021) noch freie Projektkapazitäten besitzt und diese mit neuen Kunden teilen möchte.
In der 24. Folge unseres BVL-Podcasts spricht Magazino-Mitgründer Frederik Brantner über Roboter der neuesten Generation und deren Einsatz bei BMW.
Selbstfahrende Transportwagen
„Chuck“ heißt der Kollaborative Picking-Wagen von 6 River Systems, den Jürgen Heim, Director of Sales Europe, im zweiten Vortrag vorstellte.
Ein kollaborativer Picking-Wagen folgt Lagermitarbeitern mit Schrittgeschwindigkeit und fährt vollautomatisch zur Ablagestation, sobald die Kapazität des Wagens erreicht ist. Ein neuer Wagen fährt daraufhin zur Position des Mitarbeiters, um diesen weiter zu unterstützen.
Jeder Transportwagen ist ferner mit einem Bildschirm ausgestattet, damit jede Lagermitarbeiterin und jeder Lagermitarbeiter erfährt, wohin er oder sie die Ware legen soll. Personenbezogene Daten werden dabei gemäß geltenden Datenschutzbestimmungen anonymisiert.
Jeder „Chuck“ kann flexibel in bis zu sechs Ebenen mit insgesamt 4 m2 Arbeitsfläche unterteilt werden oder aber hängende Kleidung auf Bügeln transportieren. Das maximale Ladegewicht beträgt 91 kg.
Der „Chuck“ übernimmt längere Transportwege, sodass die Lagerarbeiter und Lagerarbeiterinnen sich auf das Picken konzentrieren können. Auf diese Weise verdoppelt sich die Produktivität je Mitarbeiter. Innerhalb einer Woche können die neuen Transportwagen ohne Änderung des laufenden Betriebs eingeführt werden. In Nordamerika nutzen mehr als 70 Lagerhäuser von 35 Kunden bereits dieses System.
In der 41. Folge unseres BVL-Podcasts spricht Jürgen Heim über die interessante Entstehungsgeschichte des Unternehmens 6 River Systems, das 2015 von ehemaligen KIVA-Managern gegründet und 2019 für 450 Millionen US-Dollar von Shopify übernommen wurde.
Denis Niezgoda, Vice President Europe bei Locus Robotics, präsentierte in seinem vierten Vortrag den Transportroboter LocusBots, der ebenfalls Mitarbeiter durch automatischen Transport unterstützen soll.
DHL Supply Chain, eine Tochter der Deutsche Post DHL Group, verwendet in zehn Standorten das Fahrerlose Transportsystem LocusBots. Das Video präsentiert einen dieser Standorte, Wilkes-Barre in Pennsylvania:
Pack-Roboter
Das dm-Verteilzentrum Wustermark wurde bekanntlich mit dem Deutschen Logistik-Preis 2020 ausgezeichnet. Dort stellen Pack-Roboter von Swisslog die Mischpaletten zusammen, wie Christopher Herweg, Head of Sales & Consulting Consumer Goods, in seinem dritten Vortrag stolz betonte.
Im Verteilzentrum werden sortenreine Vollpaletten automatisch entleert und eingelagert. Für jede Filiale wird für jeden Transport eine Mischpalette mit den Bestellungen der jeweiligen Filiale zusammengestellt. Solche Mischpaletten eignen sich auch für die Belieferung von Hotels und Restaurants, meinte Christopher Herweg.
Der Pack-Roboter ACPaQ von Swisslog stapelt bis zu 1000 Artikel pro Stunde auf Mischpaletten. Dieser Pack-Roboter ist mit einem Multifunktionsgreifer ausgestattet: entweder ein Sauger oder drei Finger oder eine Kombination aus beiden ergreift die Ware. Der Pack-Roboter lernt automatisch, welcher Greifmodus für welche Warengruppe am besten geeignet ist. Dennoch bleiben einige zerbrechliche Artikel übrig, die weiterhin von menschlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kommissioniert werden müssen. Nicht allein wegen der Corona-Krise, sondern auch aufgrund des Demographischen Wandels, Konsumspitzen und drohenden Streiks sind Pack-Roboter eine risikovermeidende Investition. Somit erreicht das Verteilzentrum eine Kommissionierleistung von 200.000 Picks pro Tag.
Palettierregeln sorgen dafür, dass robuste Artikel möglichst weit unten und zerbrechliche Artikel möglichst weit oben gestapelt werden.Zudem soll die Reihenfolge der Palettierung ein reibungsloses Auspacken in der Filiale ermöglichen. Um dies zu gewährleisten, hat dm den „Digital Twin“ entwickelt – eine digitale Kopie, um die Regalposition der Filiale im Lagerverwaltungssystem digital nachzubilden.
Der neue Kommissionierroboter itemPiQ erkennt Produkte ohne Einlernen. AutoPiQ verbindet das Automatische Kleinteilelager AutoStore als Gesamtlösung mit dem ItemPiQ.
Inventurdrohnen
Mindestens einmal pro Jahr müssen Unternehmen ihre Lagerbestände durch Inventur überprüfen. Dazu kann man entweder Leiharbeiter einstellen, die mit dem Hubwagen in 16 Meter Höhe ihre Gesundheit riskieren, um beschädigte Ware zu finden. Oder man kann über Nacht eine Inventurdrohne vom Kasseler Startup doks.innovation einsetzen.
Julian Wyszynski, Product Manager Drone Inventory, präsentierte in seinem fünften und letzten Vortrag die Inventurdrohne InventAiry XL, die sich speziell für den Einsatz in Lagerhäusern eignet. Ein Bodenfahrzeug versorgt die Drohne über ein Kabel mit Strom, so dass diese fünf Stunden in der Luft bleiben kann. Anschließend fährt der Begleitwagen vollautomatisch zur Ladestation zurück. Die Drohne ist mit einer eigenen Lichtquelle ausgestattet, ihre 20 MP-Kamera scannt Barcodes und erkennt leere oder beschädigte Lagerplätze. Die Drohne lernt anhand eines Algorithmus, beschädigte Ware zu erkennen.
Die Inventurdrohne sollte zur besseren Kapazitätsauslastung für eine permanente Inventur eingesetzt werden. Dadurch lassen sich verlorene, beschädigte oder falsch einsortierte Paletten schneller finden, so dass rechtzeitig vor einem geplanten Auslieferungstermin noch Ersatz für die verschwundene Ware beschafft werden kann.
Zuschauerinnen und Zuschauer der heutigen Innovation Pitches erhalten für die Gesamteinführung des Systems einen Rabatt.
Außerdem entwickelt doks.innovation GmbH gerade SummAiry-ceiling als Drohne für die Inventur im Automatischen Kleinteilelager, SummAiry sky als Drohne für die Inventur im Außenbereich sowie DelivAiry als Lieferdrohne.
Wie geht es weiter?
In der nächsten Folge, am 3. Dezember 2020, lernen unsere Zuschauer fünf innovative Softwarelösungen für Logistik und SCM kennen.